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 Sind Antitrinitarier grundsätzlich Arianer?

 

Die Begriffe Arianer und Antitrinitarier werden von Trinitariern häufig in ein und denselben Topf geschmissen. Auch findet man in vielen trinitarischen Ausarbeitungen (leider auch in antitrinitarischen) eine oft oberflächliche und manchmal auch falsche Darlegung der Ereignisse des Konzils von Nicäa 325 u.Z. und der Sicht Arius auf diesem Konzil. Auch auf Wikipedia unter „Antitrinitarier“ werden diese entweder einfach dem „Modalismus“ oder dem Arianismus zugeschrieben. Dass aber tatsächlich die meisten Antitrinitarier keiner dieser beiden Gruppen zugehörig sind, scheint unbekannt zu sein.

Dies möglicherweise deshalb, weil es heute sehr schwer ist, herauszufinden, was sich tatsächlich vor ca. 1700 Jahren vor, während und nach dem Konzil in Nicäa zugetragen hat und welche Sicht die verschiedenen Parteien einnahmen. Arius‘ Lehren scheinen heute auch etwas falsch dargestellt zu werden. Auf der Webseite der Freien Universität Berlin, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften ist unter dem Stichwort „Arianismus“ zu lesen:

„Der eigentlich polemische Begriff [Arianismus]. bezeichnet zunächst die Lehre des alexandrinischen Presbyters Arius und seiner (auch angeblichen) Sinnesgenossen in den trinitarischen Auseinandersetzungen des 4. Jh., wobei er von Anfang an unterschiedslos auf alle Gegner des nicaenischen Glaubensbekenntnisses angewandt wurde. Auf diese Weise sollte das Bild einer einzigen, von Arius selbst herrührenden Bewegung suggeriert werden, die sich gegen die traditionelle katholische Orthodoxie richtete und es wurde der Eindruck erweckt, dass alle späteren vom Nicaenum abweichenden Glaubensbekenntnisse auf die Grundirrtümer des Arius zurückführbar seien. Tatsächlich jedoch genoss A[rius] bei den Gegnern des Nicaenums keine theologische Autorität, selbst wenn sie ihn in den wesentlichen Fragen als rechtgläubig betrachteten. Die Auseinandersetzung um die Trinitätslehre wurde daher eher zu Unrecht als „arianischer Streit“ bezeichnet. Arius kann lediglich als Auslöser dieser durch die Unvereinbarkeit der trinitarischen Modelle des 3. Jh. notwendigen Kontroverse gelten, in der er bald am Rande stand.“1

Arianische BücherverbrennungHinzu kommt, dass fast alle historische Dokumente und Schriften nicht von Arius oder den Anhängern desselben Glaubens stammen, sondern von seinen Gegnern. Davon gibt es viele, die auch gut erhalten sind, während von der anderen Seite entweder keine Dokumente vorhanden sind, oder nur wenige in sehr schlechtem Zustand.2 Als häretische Schriften wurden sie sicherlich auch alle verbrannt. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem 19. Jahrhundert, die auch heute vielfach zitiert werden, stützen sich alle auf Quellen und Dokumente die aus Athanasius‘ Feder stammen. Diese Dokumente spiegeln damit alle seine Sicht wider. Wie Joseph T. Lienhard in seinem Aufsatz „The ‚Arian‘ Controvery: Some Categories Reconsidered“ (Der „arianische“ Streit: Einige Kategorien neu bedacht) schreibt, kennzeichnete Athanasius fast alle seine Gegner als „Arianer“. Es war aber vor allem Eusebius von Cäsarea und Eusebius von Nikomedia welche als „Gegner“ der Lehre Athanasius‘ aufgetreten sind. Östliche Bischöfe, die nicht mit den Lehren Athanasius einverstanden waren, wurden ebenfalls „Arianer“ genannt, obwohl sie ebenfalls keine Anhänger Arius waren. Lienhard schreibt: „Die Bischöfe des Ostens reagierten schockiert und entrüstet darüber, dass sie ‚Arianer‘ genannt wurden.“ Er zitiert aus einem ihrer Briefe an Julius, in dem sie ihr Glaubensbekenntnis darlegten. Dort heißt es zu Beginn:

„Wir sind keine Anhänger des Arius. Denn wie könnten wir, die wir Bischöfe sind, Anhänger eines Presbyters [Priester, Ältester oder Vorsteher einer Gemeinde] sein? Auch haben wir keinen anderen Glauben angenommen, als den, der uns von Beginn an überliefert wurde. Wir selbst haben seinen [Arius‘] Glauben überprüft. Wir haben ihn anerkannt, aber sind keine Anhänger von ihm.“3

Was war denn nun tatsächlich die Stellung Arius zu diesem Thema? Dazu gleich mehr. Zunächst noch eine kurze Info über Athanasius, der das Bischofamtes des Alexander von Alexandria4 und einer der Hauptbeteiligten auf dem Konzil von Nicäa. Nach ihm wurde auch das trinitarische Glaubensbekenntnis benannt, welches heute noch für die Kirchen Gültigkeit hat.

Athanasius von Alexandria (*um 298 † 2. Mai 373) wird „Alexander der Große“ oder auch „der Unsterbliche“ genannt. Er war Bischof von Alexandria und wurde schon zu Lebzeiten als „Säule der Kirche“ gesehen – die Säule der Katholischen Kirche wohl gemerkt. Athanasius war nicht nur bibelkundig, sondern hatte auch eine sehr fundierte Ausbildung der griechischen Philosophie wie die des Platon, Homer, Aristoteles und des Neuplatonismus. Auf Wikipedia ist unter „Athanasius“ zu lesen:

„Bereits vor Ausbruch des arianischen Streits 318 hatte er zwei Werke verfasst, Gegen die Heiden und περί ενανθρωπήσεως του Λόγου (Über die Inkarnation des Logos), in denen sich die Inkarnation von Gott in Jesus Christus und daher die Gegenwart Gottes in der Geschichte als zentrales Element seines Glaubens zeigt. Somit ist verständlich, dass er den Arianismus als eine Bedrohung der Kernaussagen des Christentums sah.“5

Besonders zwei Begriffe wurden auf dem Konzil von Nizäa diskutiert, welche die Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn klären sollten. Diese zwei Wörter unterscheiden sich nur durch einen einzigen Buchstaben:

Homo-úsios (ὁμοούσιος): der Sohn ist von derselben Substanz mit dem Vater („wesenseins“ oder „wesensgleich“), was entweder bedeutete, dass der Sohn gleicher Gott mit dem Vater ist oder der Sohn ist selbst Gott, gekommen im Fleisch – Vater und Sohn sind ein und dasselbe Wesen. Dieser Begriff wurde von Alexander, Athanasius und seinen Anhängern vertreten. Es ist sehr schwer herauszufinden, ob nun diese Partei annahm, dass der Sohn Gott selbst sei (zahlenmäßig eine Person), oder ob er ein gleicher Gott wie der Vater ist (zwei Personen). Der bekannte katholische Theologieprofessor Karl-Heinz Ohlig geht dieser Frage nach und kommt zu dem Schluss, dass es damals Letzteres bedeutet haben musste:

„Was der Begriff homo-úsios genauerhin bedeutet, erschließt sich nicht auf den ersten Blick; das Konzil benutzt ihn, definiert ihn aber nicht. Liest man ihn von der späteren trinitarischen Lehrentwicklung her, müßte er mit 'wesensselbig' übersetzt werden; dann hätten Vater und Sohn - zahlenmäßig – ein Wesen (numerische Identität). Diese Vorgehensweise aber scheint von der Sache her nicht legitim zu sein, man muß Begriffe so interpretieren, wie sie zu ihrer Zeit gebräuchlich waren. Dann aber kann man feststellen, daß mit homo-úsios in der Regel zwei Wesen verglichen wurden, die derselben Gattung zugehören, aber der Zahl nach zweie sind - wie z.B. Vater und Sohn bei Menschen (gattungsmäßige Identität); dann bedeutet der Begriff soviel wie 'gleichen Wesens'“6

Heute scheinen diese beiden Begriffe innerhalb der „drei Personen der Gottheit“ auch ziemlich austauschbar zu sein. Am 26.05.2013, dem „Dreifaltigkeits-Sonntag“, stellte Papst Franziskus bei einer Predigt in einer römischen Pfarrei den dort anwesenden Kindern eine Frage, die er selbst beantwortete. Darin wurde deutlich, dass die Terminologie „Gott“, „Jesus“ und „Heiliger Geist“ ein und dasselbe sind, jedoch in drei verschiedenen Personen:

„Könnt ihr mir sagen, wer Gott ist? Ja, er ist der Schöpfer aller Dinge. Aber wie ist es dann möglich, dass wir an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist glauben? Das sind doch drei verschiedene Personen? Nun, er ist Vater, weil er eben der Schöpfer ist. Er ist aber auch der Sohn, weil er uns gerettet hat und er ist der Heilige Geist, der uns liebt.“7

Dass die Begriffe „Gott“ und „Jesus“ nicht mehr unterschieden werden, scheint heute auch so gut wie unter allen protestantischen Trinitariern vorherrschend zu sein: „Gott wurde Mensch“ ist beispielsweise ein geläufiger Satz von vielen protestantischen Trinitariern. In Übereinstimmung mit der Bibel müsste es jedoch heißen „der Sohn Gottes wurde Mensch“.

Konzil von Nizäa 325 n.Chr.Der Begriff der Gegenseite auf dem Konzil von Nizäa war homoi-úsios (ὁμοιούσιος): der Sohn ist von der Substanz wie der Vater aber nicht von derselben Substanz. Dieses griechische Wort bedeutet so viel wie „von der Substanz wie der Vater“. Diesen Begriff vertrat die Partei, die zwischen der Position des Arius und Alexander/Athanasius stand oder auch möglicherweise von Arius selbst, je nachdem, wie die einzelnen Begriffe damals tatsächlich verstanden wurden (wie oben bereits erwähnt, gibt es von Arius selbst kaum noch Dokumente). Auf der „arianischen“ Seite gab es auch noch die extreme Partei, die die vollständige Unterscheidung des Wesens von Vater und Sohn betonten. Eine vierte Partei ging davon aus, dass der Sohn dem Vater „ähnlich“ sei (möglicherweise Arius‘ Ansicht).

Athanasius vertrat als einer der ersten die unbiblische Auffassung, dass der Sohn Gottes genau so groß und ewig sein müsse wie der Vater. Arius (wenn die Überlieferungen stimmen) vertrat die unbiblische Sicht, dass der Sohn nur von ähnlicher Substanz wie der Vater sei. Die Partei des Athanasius vertrat die Ansicht, dass der Sohn wesensgleich mit dem Vaters ist (was biblisch korrekt ist, wenn man wesensgleich definiert, als „von demselben Wesen“ und nicht „ein und dasselbe Wesen“ (Modalismus oder Sabellianismus nach dem Priester Sabellius um 200 n. Chr.). Bis heute werden die extremen (philosophischen) Ansichten diskutiert, was aber die Bibel tatsächlich lehrt, scheint Nebensache.

“Der größte Irrtum, den Trinitarier bei der Argumentation dieses Themas machen ist folgender: Sie machen keinen Unterschied zwischen der Verwerfung der Trinität und der Verwerfung der Göttlichkeit Christi. Sie sehen nur diese zwei Extreme zwischen denen die Wahrheit liegt, und sie nehmen jeden Ausdruck, der sich auf die Präexistenz Christi bezieht als Beweis für eine Trinität. Die heilige Schrift lehrt reichlich die Präexistenz Christi und seine Göttlichkeit, sie ist aber vollkommen schweigsam bezüglich einer Trinität.">8


Auf dem Konzil von Nicäa ging es noch nicht um die Trinität an sich. Von einer dritten Gottperson Heiliger Geist ging man zu dieser Zeit noch nicht aus. Erst auf dem Konzil von Konstantinopel (381 u.Z.) wurde die Trinitätslehre, wie wir sie heute kennen, festgelegt. Aber das Konzil von Nicäa bahnte der Trinität bereits den Weg. Um den Konflikt auf dem Konzil in Nicäa und die Sicht beider Parteien besser zu verstehen, nachfolgend eine Zusammenfassung der Seiten 40-44 aus der Schrift „The Trinity – is God three in One“ von David C. Pack:

Auf dem Konzil von Nicäa gab es zwei gegensätzliche Ansichten bezüglich der Gottheit. Eine Seite wurde von Arius repräsentiert, die andere von Athanasius. Arius war Priester und 45 Jahre älter als Athanasius, der ein Diakon war. Beide Männer kamen aus derselben Kirchengemeinde in Alexandria in Ägypten und beide waren von derselben Denkweise der griechischen Philosophie beeinflusst, für die Alexandria damals bekannt war:

„Arius (250-336) hatte seine theologische Ausbildung in der Schule des Presbyters Lucian von Antioch, einem Bibelgelehrten, erhalten … Lucian bestand darauf, dass der Logos eine Person in Christus wurde.“9


Während und nach dem Konzil von Nicäa war die Katholische Kirche der Ansicht, dass alle, die die Trinität [zu der Zeit im Grunde noch eine „Binität“, weil der Heilige Geist noch nicht als dritte Person der Gottheit festgelegt wurde] leugneten, auch die Göttlichkeit des Messias leugneten. Lucian’s Lehren bewiesen jedoch, dass dies nicht stimmte. Er hat die Göttlichkeit des Messias vor seinem Erdenleben als Mensch unterstützt, ohne die philosophischen Ansichten der Trinitarier zu beachten.

Arius, der ein Student Lucians war, machte jedoch Kompromisse. Er nahm Lehren von Paul von Samosata auf, der behauptete, dass der Messias ein geschaffenes Wesen sei und leugnete die Göttlichkeit Christi vor Seinem Erdenleben.10 Denn Arius glaubte, dass ein Mitglied der wahren Gottheit nie unter den sündigen Menschen wohnen könnte. Dies war eine seiner größten Schwächen in Seinem Denken und wurde die Basis für die Ablehnung seiner Sicht in Nicäa.

Athanasius von AlexandrienAuf der anderen Seite folgte Athanasius (295-373) der Philosophie des Origenes, der oft als der größte Gelehrte der Katholischen Kirche betrachtet wird. Origen war das genaue Gegenteil von Lucian, da er stark als Platoniker und Stoiker auftrat. Lucian hingegen hielt sich streng an die Bibel und wurde deshalb als jüdischer Sympathisant betrachtet, wie man auch schon die Apostel bezeichnete.

Auf dem Konzil von Nizäa debattierten diese zwei gegensätzlichen Parteien heftig zwei Extreme: Lucian und seine strikte und buchstäbliche biblische Auslegung versus Origen und seine philosophischen Tendenzen, welche der Bibelauslegung die Richtung gab.


Leider, wie es so oft der Fall ist, wurde die reine biblische Wahrheit nicht ganz richtig repräsentiert. Arius machte Kompromisse und repräsentierte nun seine eigene verzerrte Version dieser Lehre. Beide Seiten kamen von der biblischen Lehre ab, jedoch auf unterschiedliche Weise. Die Bewegung, die zur katholischen Sicht durch Origenes‘ Schriften beitrug, verzerrte die Bibel noch offensichtlicher. Im Laufe der Jahrhunderte blieben die Befürworter dieses Denkens unbeirrbar bei dieser ursprünglichen Lehre – sie wichen von dieser Tradition nicht ab.

Genauso wie es Arianer und Semi-Arianer gab, so gab es verschiedene Splitterparteien innerhalb der Trinitätsbewegung. Es war nie einfach ein Fall von “dafür oder dagegen”. Konnte man damals kein klares Bild erkennen, so ist es für diejenigen, die es heute studieren wollen, fast unmöglich herauszufinden, was tatsächlich stattfand. Viele Teilnehmer empfanden Athanasius philosophische Anschauung, die er von Origen übernahm als eine verwirrende Theorie, was sie auch war. Die Partei des Athanasius war wohl nur deshalb erfolgreich, weil Arius versuchte, eine Position zu verteidigen, die die Mehrheit nicht als vertretbar hielt.

Von vielen Abgesandten des Ostens wurde Athanasius Lehre abgelehnt. Die römisch-alexandrinische, katholischen Bewegung tendierte mehr auf die Seite der griechischen Philosophie, während die Mehrheit der Abgesandten konservativer waren, da sie auf gewisse Weise immer noch von den Übrigen der wahren Gemeinde beeinflusst waren. Als das Konzil von Nicäa schließlich zu Ende ging, wählten jedoch die meisten Abgesandten zugunsten Athanasius.

Trotzdem betrachtete jedoch der Großteil beide Seiten als gleich unannehmbar. Der Kaiser wollte sich an die Entscheidung der Mehrheit halten und war entschlossen, sie auch durchzusetzen. Die Teilnehmer stimmten fast einstimmig mit 330 zu 318 Stimmen, einfach deshalb, weil sie den Tod oder das Exil fürchteten, wenn sie auf der falschen Seite des möglichen Ausgangs stehen würden. Arius und seine Mitstreiter wurden für einige Zeit verbannt. (Ende der Zusammenfassung aus „The Trinity – is God three in One, David C. Pack, S. 40-44)

Nachfolgender Text aus Pierer's Universal-Lexikon von 1857 zu dem Begriff „Arianer“ zeigt ebenfalls den Streit auf dem Konzil zu Nicäa und die Sichtweise des Arius einschließlich der vermittelnden Partei des Eusebius Cäsarea auf:

Arianer (Kirchgesch.), Anhänger des Arius (s.d.). 318 gerieth Arius mit seinem Bischof Alexander, welcher den Satz verteidigte, in der Dreieinigkeit sei auch eine Einigkeit, in Streit. Arius sprach dem Sohn die Einheit des Wesens ab, aus dem Wesen Gottes (wie man bisher gelehrt hatte) könne er nicht gezeugt sein, sonst müsse man Gott sich theilbar denken. Er nannte ihn daher ein von Gott vor aller Zeit u. aus Nichts hervorgebrachtes Wesen, welches aber nicht wie eins der anderen Geschöpfe, u. auch vor allen, von Gott hervorgebracht sei. Da nun der Sohn von Gott gezeugt sei, so müsse es eine Zeit gegeben haben, wo er noch nicht war; er könne also nicht ewig sein, wie Gott. … Aber er [Arius] hatte die asiatischen Bischöfe, namentlich den Eusebios, Bischof von Nikomedien, u. den Eusebios, Bischof von Cäsarea, zu Freunden, welche die Handlungsweise Alexanders mißbilligten. … Durch die heftigen, auf die Spitze gestellten Behauptungen des Athanasios, welcher Bischof von Alexandria geworden war, entstanden neue Streitigkeiten; viele Bischöfe waren in Nicäa zur Unterschrift gezwungen worden u. wünschten sich von dem Bekenntnisse loszusagen … Die vermittelnde, von den Eusebianern ausgegangene Partei behauptete dagegen, der Sohn sei dem Vater zwar untergeordnet, aber mit ihm ähnlichen Wesens (ὁμοιούσιος), daher man sie Homoiusiasten, am gewöhnlichsten aber Semi-Arianer nannte.11

Hier heißt es, Arius habe angenommen, dass der Sohn „aus dem Nichts“ vom Vater hervorgebracht wurde. Das kann durchaus Arius Sichtweise gewesen sein, allerdings muss man immer bedenken, dass die historischen Quellen von seinem Gegner Athanasius stammen. Um der Sache etwas genauer auf den Grund zu gehen, sind nachfolgend Auszüge aus drei Briefen von Eusebius von Cäsarea und Arius hilfreich. Aber auch hier gilt zu beachten, dass diese Briefe aus Athanasius Werke stammen. Diese Brieffragmente wurden von der Theologischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zusammengestellt.

Eusebius von CäsareaAus einem Brief des Eusebius von Cäsarea an Alexander von Alexandrien (Bischof und Lehrer des Athanasius) geht hervor, dass die Worte Arius möglicherweise etwas verdreht dargestellt und dadurch falsche Schlüsse gezogen wurden. Eusebius versucht in diesem Brief der Partei des Alexander/Athanasius zu vermitteln, dass den „Arianern“ etwas unterstellt wird, was sie gar nicht vertreten. Er schreibt:

Dein [Alexanders] Brief klagt sie an, daß sie sagen, der Sohn sei aus nichts geworden wie eines von allen Geschöpfen. Sie aber brachten ihr eigenes Schriftstück vor, das sie an dich gerichtet und in dem sie ihren eigenen Glauben dargelegt haben und mit folgenden Worten so bekannten: »Der Gott des Gesetzes und der Propheten und des neuen Bundes zeugte den einziggeborenen Sohn vor ewigen Zeiten, durch den er auch die Zeiten und das All gemacht hat, gezeugt nicht dem Anschein nach, sondern in Wahrheit, ins Dasein gerufen durch seinen eigenen Willen, unveränderlich und unwandelbar, ein vollkommenes Geschöpf Gottes, doch nicht wie eins der Geschöpfe.« Wenn also nun ihr Schriftstück die Wahrheit sagt, in dem sie den Sohn Gottes vor ewigen Zeiten bekennen, durch den er auch die Zeiten gemacht hat, dann muß dir auch vorgelegen haben, daß er unwandelbar und vollkommenes Geschöpf Gottes ist, aber nicht wie eines der Geschöpfe.

Dein Brief beschuldigt sie aber, daß sie sagen, der Sohn sei geworden wie eines der Geschöpfe. Da sie das aber nicht sagen, sondern deutlich definieren, daß er nicht »wie eines der Geschöpfe ist«, sieh zu, daß ihnen damit nicht wiederum sogleich ein Anlaß gegeben wird, sich daran zu machen, etwas zu unternehmen und Unruhe zu stiften, sooft sie nur wollen.

Ferner hast du sie beschuldigt, sie würden sagen, daß »der, der ist, den, der nicht ist, gezeugt hat«. Ich wundere mich aber, ob jemand das anders formulieren kann. Denn wenn der, der ist, einer ist, ist es doch offensichtlich, daß alles aus ihm wurde, was auch nach ihm ist. Falls aber nicht er allein der ist, der ist, sondern auch der Sohn der war, der ist, wie zeugte dann der, der ist, den, der ist? Denn dann dürften es wohl zwei sein, die sind.12

In einem weiteren Brief Eusebius‘ an Euphration von Balaneae wird seine eigene Sicht zur Beziehung Sohn-Vater noch deutlicher. Er versucht darin logisch aufzuzeigen, dass es keine zwei gleichhohe, ewige Götterpersonen geben kann:

„Denn wir sagen nicht, daß der Sohn zusammen mit dem Vater existiert, sondern daß der Vater vor dem Sohn existiert. Denn falls sie zusammen existierten, wie kann da der Vater Vater und der Sohn Sohn sein? Oder wie ist der eine Erster, der andere aber Zweiter? Und der eine ungezeugt, der andere aber gezeugt? Denn zwei, die einander genau gleich sind und zusammen existieren, dürften der gleichen Ehre wert gehalten werden und sind entweder beide, wie ich sagte, ungezeugt oder beide gezeugt. Doch keines von beiden ist wahr; denn weder das Ungezeugte noch das Gezeugte dürften beide zugleich existieren, sondern das eine wird für das Erste und für stärker sowohl der Ordnung als auch der Ehre nach als das Zweite gehalten, da es ja für das Zweite auch zur Ursache sowohl für das Sein als auch das So-Sein wurde.

Abgesehen (davon) hat der Sohn Gottes selbst, der besser als alle genau sich auskennt und weiß, daß er selbst ein anderer als der Vater und geringer und hervorgegangen ist, ganz und gar fromm dies auch uns gelehrt und gesagt: »Der Vater, der mich gesandt hat, ist größer als ich.« […]

»damit sie dich als den einzig wahrhaftigen Gott erkennen« [Johannes 17,3], nicht so, als ob Gott allein einer wäre, sondern als ob nur ein einzig wahrhaftiger Gott existierte mit der absolut notwendigen Hinzufügung des ›wahrhaftig‹. Denn der Sohn ist auch selbst Gott, aber nicht wahrhaftiger Gott. Denn ein einziger ist auch einzig wahrhaftiger Gott, weil er niemanden vor sich hat. Denn wenn auch der Sohn selbst wahrhaftiger (Gott) ist, dann ist er doch wohl Gott wie ein Abbild des wahrhaftigen Gottes, da »das Wort auch Gott war«, freilich nicht so wie der einzige, wahrhaftige Gott.“

[Athanasius kommentiert diesen Ausschnitt des Eusebius mit folgenden Worten:]

Er erdreistete sich, das Wort von Gott zu trennen und das Wort einen anderen Gott zu nennen, der im Blick auf sein Wesen und die Macht vom Vater unterschieden ist. Und in welch große Blasphemie er dabei verfiel, kann man klar und leicht an den von ihm geschriebenen Worten lernen. Denn er hat mit eben diesen Worten geschrieben:

Freilich wird das Bild und das, dessen Abbild es ist, nicht für ein und dasselbe gehalten, sondern (es sind) zwei Wesen, zwei Dinge und zwei Mächte, wie es auch so viele Bezeichnungen gibt.“13

Hier könnte man annehmen, dass die Partei des Athanasius wohl davon ausging, dass der Vater und der Sohn ein einziges Wesen sei. Denn er nennt Eusebius‘ Ansicht als „dreist“, der davon ausgehe, dass es zwei getrennte, eigenständige Wesen sind. Athanasius spielt hier auf Johannes 1,1 an, wo es heißt „und das Wort war Gott“ (andere Übersetzung: „und das Wort war göttlich“, siehe hierzu:„Johannes 1,1 „Das Wort war Gott“ – eine Beweis für die Trinität?. Nachfolgend ein Brief von Arius an Eusebius von Nikomedia, der deutlich seinen Glauben erkennen lässt und weshalb die Menschen die nicht an zwei Götterpersonen vereint in einem Gott glauben, vom Bischof von Rom verfolgt wurden:

„Dem heißersehnten Herrn, dem treuen Menschen Gottes, dem rechtgläubigen Eusebius entbietet Arius, der vom Papas Alexander [Bischof von Rom und Vorgänger Athanasius‘] ungerechterweise um der Wahrheit willen, die alles besiegt und die auch du mit dem Schild deckst, verfolgt wird, im Herrn seinen Gruß.

Als mein Vater Ammonius im Begriff war, nach Nikomedien zu reisen, schien es mir vernünftig und geziemend zu sein, dich durch ihn zu grüßen, zugleich aber auch die dir angeborene Liebe und Gesinnung, die du den Brüdern gegenüber um Gott und seines Christus willen hegst, daran zu erinnern, daß der Bischof uns arg zusetzt, verfolgt und alle Hebel gegen uns in Bewegung setzt, so daß er uns aus der Stadt vertreibt wie gottlose Menschen, weil wir nicht mit ihm übereinstimmen, wenn er öffentlich sagt: »Immer Gott immer Sohn, zugleich Vater zugleich Sohn, der Sohn existiert ungezeugt zusammen mit dem Vater, ewig-gezeugt, ungezeugt geworden, weder durch einen Gedanken noch durch irgendeinen kleinsten Moment geht Gott dem Sohn voran, ewig Gott ewig Sohn, aus Gott selbst ist der Sohn.«

Und da ja dein Bruder Eusebius in Caesarea, Theodotus, Paulinus, Athanasius, Gregorius, Aëtius und alle im Osten sagen, daß Gott vor dem Sohn ohne Anfang existiert, wurden sie ausgeschlossen, abgesehen von Philogonius, Hellanicus und Macarius, häretischen Menschen, die nicht einmal Taufunterricht empfangen haben, von denen die einen den Sohn »Rülpser« nennen, die anderen »Hervorgeworfenes«, wieder andere ihn aber zusammen mit dem Vater ungezeugt nennen.

Und diese Gottlosigkeiten könnten wir nicht einmal dann hören, wenn uns die Häretiker unzählige Tode androhten. Wir aber, was sagen, denken, lehrten und lehren wir auch heute? Daß der Sohn nicht ungezeugt und nicht Teil eines Ungezeugten auf irgendeine Art und Weise ist, noch daß er aus irgendetwas Existierendem entstanden ist, sondern auf Grund von Wollen und Wunsch vor Zeiten und Ewigkeiten, voll der Gnade und der Wahrheit, Gott, Eingeborener, unveränderlich.

Und bevor er gezeugt, geschaffen, beschlossen oder gegründet wurde, war er nicht. Denn er war nicht ungezeugt. Wir werden aber verfolgt, weil wir sagen, der Sohn hat einen Ursprung, Gott aber ist ursprungslos. Deswegen werden wir verfolgt, weil wir auch sagen, er ist aus nichts. Wir haben aber so gesprochen, weil er kein Teil Gottes ist und weil er nicht aus irgendetwas Existierendem stammt. Deswegen werden wir verfolgt, das übrige weißt Du.

Ich bete, daß es dir im Herrn wohl ergehen möge - eingedenk unserer Betrübnisse -, mein Mit-Lukianist, wahrhaftig »Frommer«.“14

In einem Brief an Kaiser Konstantin schreiben Arius und ein gewisser Euzoius was sie tatsächlich glaubten:

„Wir glauben an einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, und an den Herrn Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, der aus ihm vor allen Zeiten geboren worden ist, Gott, Wort, durch den alles wurde, das im Himmel und das auf Erden, der herabstieg und Fleisch annahm, litt, auferstand und hinaufstieg in den Himmel und der wieder kommen wird die Lebenden und die Toten zu richten. Und an den heiligen Geist, die Auferstehung des Fleisches, an ein Leben im kommenden Äon, an das Himmelreich, an eine katholische Kirche Gottes vom Anfang bis zum Ende der Erde.“15

Dieses Bekenntnis könnte man unterschreiben, es spricht nicht gegen die Heilige Schrift, sondern gibt vielmehr deren Aussagen deutlich wieder. Heute wird jeder als Arianer gebrandmarkt, der sich gegen die Trinität ausspricht und man geht wie selbstverständlich davon aus, dass jeder Arianer und damit jeder Antitrinitarier glaubt, dass der Sohn Gottes ein geschaffenes Wesen sei (Zeugen Jehovas z.B. tun das tatsächlich). Arius scheint dies aber gar nie geglaubt zu haben. So schreibt Benjamin G. Wilkinson in „Truth Triumphant auf S. 92: „Eine falsche Anklage wurde verbreitet, dass alle, die Arianer genannt wurden, glaubten, dass Christus ein geschaffenes Wesen sei.“ In der Fußnote steht hierzu:

Es ist zu bezweifeln, dass überhaupt einige geglaubt haben sollen, dass Christus ein geschaffenes Wesen sei. Im Allgemeinen glaubten die evangelikalen Gruppierungen, die sich gegen das Papsttum auflehnten und als Arianer gebrandmarkt wurden, sowohl an die Göttlichkeit Christi, als auch, dass er vom Vater geboren und nicht geschaffen sei. Sie distanzierten sich auch von anderen extremen Schlussfolgerungen und Spekulationen über die Gottheit.“


Liebe Trinitarier, genau das wollen auch wir tun, uns von allen Spekulationen der Gottheit fernhalten und nur die Heilige Schrift sprechen zu lassen. Das ist unser Glaube: Wir glauben an die Göttlichkeit des Messias, der vom Vater vor aller Zeit geboren wurde, bzw. hervorgegangen ist. Er wurde nicht geschaffen, sondern, ist von derselben Substanz wie der Vater JaHuWaH, es sind zwei Personen, jedoch eins im Geist (siehe hierzu: "Ist Johannes 10,30 ein Hinweis darauf, dass der Vater und der Sohn gleich allmächtig? Oder sind sie ein und dieselbe Person?"). Dies ist doch sehr logisch, denn Jahuschuah ist SEIN Sohn! Wir glauben nicht an die „zweite Person der Gottheit“, „Gott dem Sohn“ als gleich großer und ewiger Gott wie der Vater. Wir glauben auch nicht an die unbiblische „dritte Person der Gottheit, dem Gott Heiligen Geist“. Der Heilige Geist ist der Geist JaHuWaHs, den auch der Sohn hat. Beide sind „eins“ im Geist.

„Wer ist der Lügner, wenn nicht der, welcher leugnet, dass Jahuschuah der Messias ist?

Das ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet. Wer den Sohn leugnet, der hat auch den Vater nicht. Wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater. Und darin besteht das Zeugnis, dass JaHuWaH uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in Seinem Sohn. Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn JaHuWaHs nicht hat, der hat das Leben nicht.“ (1. Johannes 2,22-23; 5,11-12)

„So gibt es für uns doch NUR EINEN Gott, den Vater,
von Dem alle Dinge sind und wir für Ihn;
und einen … [Erlöser, Jahuschuah, der Messias],
durch Den alle Dinge sind, und wir durch Ihn.“
(1. Korinther 8,6)

 

 

Siehe hierzu auch:

Gibt es das trinitarische Glaubensverständnis nicht bereits seit apostolischer Zeit?

Was ist die Lehre der Dreieinigkeit / Trinität? Was ist ein dreieiniger Gott?

Ist Gott ein Mysterium?

Was ist der Unterschied zwischen Modalismus und Trinität/Trithesimus?

 




1 Glossar der Freien Universität Berlin, Arianismus, www.geschkult.fu-berlin.de/e/konversionen/glossar/a/arianismus.html Up

2 Kannengiesser, S.J., “Current Theology - Arius and the Arians”, in: Theological Studies 44, S. 457 Up

3 Joseph T. Lienhard , „The ‚Arian‘ Controvery: Some Categories Reconsidered“, in: Theological Studies 48, 1987, S. 415f Up

4 Alexander von Alexandria war Bischof von 313 bis 328 u.Z. Er war am Anfang des 'arianischen Streits' einer der führenden Vertreter der Orthodoxie gegen Arius. Up

5 https://de.wikipedia.org/wiki/Athanasius_der_Gro%C3%9Fe Up

6 Karl-Heinz Ohlig, „Ein Gott in Drei Personen – Vom Vater Jesu zum ‚Mysterium‘ der Trinität“, 2000, S. 67 Up

7 http://de.radiovaticana.va/news/2013/05/26/papst:_%E2%80%9Eder_dreieinige_gott_ist_sch%C3%B6pfer,_heil_und_liebe%E2%80%9C/ted-695646 Up

8 J.H. Waggoner, Review & Herald, 10. November 1863 Up

9 Encyclopedia Britannica, 11. Ausgabe, Bd. 2, S. 543 Up

10 ebenda Up

11 Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 703-705 Up

12 Athanasius Werke, Dokument 9: Fragment eines Briefes des Eusebius von Caesarea an Alexander von Alexandrien, Urkunde 7, Friedrich-Alexander Universität, Erlangen-Nürnberg, www.athanasius.theologie.uni-erlangen.de/3/dok9.html Up

13 Dokument 10: Fragmente eines Briefes des Eusebius von Caesarea an Euphration von Balaneae, Urkunde 3; Friedrich-Alexander Universität, Erlangen-Nürnberg, www.athanasius.theologie.uni-erlangen.de/3/dok10.html Up

14 Athanasius Werke, Dokument 15: Brief des Arius an Eusebius von Nikomedien (Urkunde 1), www.athanasius.theologie.uni-erlangen.de/3/dok15.html Up

15 Athanasius Werke, Dokument 34: Brief des Arius an Eusebius von Nikomedien (Urkunde 30), www.athanasius.theologie.uni-erlangen.de/3/dok34.html Up